Kapitel 6

Ihn überfiel die Angst. Will er das wirklich durchziehen? Wird er das überhaupt schaffen? Er hat das Gefühl, dass ihn das Ganze auffrisst! Innerlich kaputt macht! Soll er alles hinschmeißen und sich stellen? Alles zugeben? Er kann nicht jeden Morgen in die Schule gehen und so tun, als ob er von nichts eine Ahnung hat, wenn jeder über den Mord redet! Am Anfang hat er einfach nur Überlegenheit gespürt. Überlegenheit. Keiner weiß, wer die Tat vollbracht hat. Alle haben Angst. Panik. Vor ihm… Ein tolles Gefühl! Am Anfang hat es ihn noch stark gemacht, doch jetzt zieht es ihn einfach nur noch runter und macht ihn fertig. Er will das alles nicht mehr! Was, wenn alles rauskommt? Was wird seine Familie denken? Seine Freunde? Seine Bekannten? Aber wer war jemals für ihn da? Niemand! Er war immer allein, keiner hat ihm zugehört, ihn in den Arm genommen, ihm Zuneigung geschenkt. Er muss das einfach durchziehen, damit er sich wenigstens besser fühlt, damit es ihn wieder aufbaut, die Panik der anderen zu sehen und indirekte Aufmerksamkeit zu genießen! Außerdem hat er es verdient!
Er zieht an der Tür zur Männerumkleide, öffnet sie und ihn empfängt die heiße, stickige Luft der Kabine. Seine Mannschaft begrüßt ihn schon zahlreich, nun schlüpft er wieder in die Rolle des netten unscheinbaren Kumpels, in der er nicht er selbst ist.

 *

Um Punkt zwei sind alle bei Frau Ebinger. Alle außer einem. Herr Thorwart. Der kommt in seinem kleinen Auto mal wieder zu spät. Die Wohnung wird genauestens untersucht und einige Spuren werden gesichert. Der Täter kam durch ein halb kaputtes Fenster in die Wohnung und hinterließ nur wenige Spuren. Am Generalschlüssel werden kleine Rückstände von einem Stempelkissen festgestellt.  Jedoch wurde ein unbekannter Fingerabdruck am Schlüssel ermittelt, was wenigstens ein Anhaltspunkt darstellt. Herr Fritsch beschließt von jedem Schüler und Lehrer einen Fingerabdruck zu machen und will am nächsten Morgen gleich damit anfangen.

Kapitel 7

Am nächsten Tag bildet sich eine Schlange von Schülern und Lehrern, die vor einem Tisch der Polizei warten, um ihren Fingerabdruck abzugeben. Da dieses Pflicht ist, wird eine Anwesenheitsliste erstellt. Die Polizei hat ein hochmodernes Fingerabdruckgerät, das die Arbeit sehr vereinfacht. Stimmt ein Fingerabdruck mit dem Gefundenen überein, gibt das Gerät sofort ein Signal ab. Viele haben Angst, obwohl sie überhaupt keinen Grund dazu haben. Nach und nach wird jeder überprüft und plötzlich schlägt das Gerät Alarm. Alle halten den Atem an, vor allem Tim Bornstädt, der gerade an der Reihe ist, und der der Grund ist, warum das Gerät anschlägt. Er weiß nicht wie ihm geschieht und wird ohne einen Kommentar von zwei Polizisten in das Lehrerzimmer abgeführt. Hinter ihm fällt die Tür ins Schloss.

Kapitel 8

„Warum befinden sich Deine Fingerabdrücke auf dem Schlüssel?“, verhört Herr Fritsch den jungen Schüler. Tim, noch voller Angst und Schrecken bekommt kein einziges Wort heraus. „Ich hab Dich etwas gefragt! Was hast Du mit dem Schlüssel zu tun?“, wird Herr Fritsch energisch.
„Ich habe nichts gemacht. Ich weiß nicht, wie meine Fingerabdrücke da drauf gekommen sind“, bekommt Tim schließlich doch noch einen Ton heraus.
„Hör auf, hier Lügen zu erzählen! Erstens muss es einen Grund geben, dass Deine Fingerabdrücke zufällig auf einem verdächtigen Schlüssel zu finden sind. Und zweitens würde ich an Deiner Stelle schnellstens kooperieren, sonst kann das böse enden!“
„Ich kann Ihnen aber nichts erzählen, weil ich nicht weiß! Bitte glauben Sie mir!!“
Herr Thorwart seufzt tief und sagt dann ruhig und gelassen: „Zeig mal bitte Deine Schuhe mein Junge.“ Tim zögert, entscheidet sich dann aber doch lieber dazu, dem Kommissar seinen Schuh zu geben. Herr Thorwart schaut sich den Schuh an,  wirft noch einen kurzen Blick auf ein Blatt Papier und sagt dann leise zu Herr Fritsch: „Sie passen perfekt!“.
Zu Tim erwidert er kühl: „Ich fürchte, heute ist nicht Dein Glückstag! Wir müssen Dich fürs Erste mitnehmen….“ Tims Kinnlade fällt herunter und seine Augen bekommen einen merkwürdigen Glanz. Gerade, als er etwas sagen will, wird die Tür stürmisch aufgerissen und Frau Ebinger rennt herein. „Was ist denn hier los?“, will sie wissen.
„Tim Bornstädt ist leider tatverdächtig, da seine Fingerabdrücke mit denen auf dem Schlüssel übereinstimmen. Leider kann er uns nicht genau sagen, warum, deshalb nehmen wir ihn jetzt mit, auch weil die Fingerabdrücke und Fußspuren mit denen vom Tatort übereinstimmen“, antwortet Herr Fritsch in einem leicht gereizten Ton.
„Sie glauben doch jetzt nicht ernsthaft, dass ein Achtklässler in der Lage wäre, einen Lehrer umzubringen!“
„Frau Ebinger, wie oft soll ich es denn noch sagen? Man kann niemanden von der Tat ausschließen, auch keinen Achtklässler. Wenn wir wüssten, wie seine Fingerabdrücke auf den Schlüssel gekommen sind, dann…“, antwortet Herr Fritsch, bevor Frau Ebinger ihm ins Wort fällt: „ Tim ist mein Schüler. Als ich im Geschichtsunterricht kürzlich ein CD-Player brauchte, bat ich Tim, ihn zu holen. Wahrscheinlich ist er dann zufällig an den Schlüssel gekommen und hat somit dort seine Fingerabdrücke hinterlassen.“
„Das wäre zumindest eine Erklärung. Wir nehmen den Jungen trotzdem vorerst mit, da die Fußabdrücke übereinstimmen“, erklärt Herr Thorwart.
„Herr Kommissar? Ich will Sie ja nicht unterbrechen, aber ich habe mir Tims Schuhe gerade noch einmal angesehen und ich finde nicht annähernd eine bedeutende Gemeinsamkeit. Ich weiß nicht, was Sie vorher gesehen haben. Vielleicht hatten Sie ihre Brille ja nicht auf? In dem Fall haben wir keinen wirklichen Grund, ihn hierzubehalten, wir nehmen ihn nicht mit auf das Präsidium. Tut uns Leid, dass wir Dich aufgehalten haben“, äußert sich Herr Fritsch und schiebt Tim aus der Tür, welchem Frau Ebinger folgt.


Kapitel 9

Er lächelt. Die Fingerabdruckkontrolle hat nichts gebracht. War ja klar! Denken die wirklich, er wäre so dumm und würde keine Handschuhe tragen? Lächerlich. Aber zufrieden war er nicht. Das ist er erst, wenn alles vorbei ist. Alles! Sein nächstes Ziel hat er schon im Blickfeld. Diesmal eine Frau. Lehrerin. Mathe. Er hasst beides: die Lehrerin und das Fach. Und jetzt kann er seinen aufgestauten Hass endlich frei entfalten! Er fühlt sich jetzt schon um einiges leichter. Er wartet hinter einer Wand. Ist eins mit seinem Schatten. Sie kommt vom Training. Genau wie er noch vor ein paar Minuten.  Alles ist in seiner Tasche. Er braucht nur einen alten Lappen und ein Betäubungsmittel. Alles leicht zu bekommen. Sie kommt näher, vertieft in ihr Handydisplay. Er hat überlegt, sich erst noch mit ihr zu unterhalten, doch er hat die Idee gleich verworfen. Er hat zwar jahrelang geübt, nett zu heucheln, auch bei ihr, doch jetzt noch ein letztes Mal diese Tortur durchzustehen schafft er einfach nicht. Gleich ist es soweit, nur noch ein paar Sekunden. Sie läuft an ihm vorbei, sieht ihn nicht, wie immer. Doch er löst sich von seinem schützenden Schatten und legt seinen Arm von hinten um sie und zieht sie gegen die Wand.

Heute ist Donnerstag. Es schneit noch stärker als sonst und die meisten Busse haben Verspätung, wie so häufig im Winter. Die ganze Schule ist zugeschneit und Herr Frick räumt den verschneiten Schulhof mit dem Schneeräumer. Alle Lehrer eilen von ihrem Auto zur Schule ins Warme. Jeder macht sich erst einmal einen heißen Kaffee, diejenigen, die heute später Schule haben, werden beneidet und man redet einfach über den neusten Tratsch. Herr Stürmer ist noch nicht vergessen worden, aber man ist froh, dass so langsam alles wieder zum Alten wird und die anfängliche Aufregung und Panik langsam nachlässt. Natürlich nicht ganz, es ist ja erst vor ein paar Tagen geschehen, aber man fühlt sich sicherer. Doch lange bleibt das leider nicht so. Der nächste Schock wartet schon in einem der zahlreichen Klassenzimmer.

Kapitel 10

Die Kinder, die in Pfullendorf wohnen, kommen, noch mit Schnee an den Jacken von einer Schneeballschlacht, lachend in ihr Klassenzimmer. Ein Mädchen sieht sie zuerst. Sie liegt auf dem Lehrerpult, mit dem Kopf mitten auf dem großen Tafelgeodreieck. Überall Blut. Das Mädchen schreit. Schreit so laut, dass sofort andere Schüler kommen, um herauszufinden, was los ist. Die älteren Schüler verschließen die Tür, damit niemand mehr die Leiche zu Gesicht bekommt. Außerdem wird sofort die Schulleitung informiert, und die Polizei alarmiert. Alle sind entsetzt. Warum gerade sie? Diese nette und verständnisvolle Lehrerin hat niemandem etwas Schlimmes getan!

Warum gerade Frau Karpf?

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19 Gedanken zu „Weihnachtskrimi: DIE STAUFERLISTE“
  1. Schöne Bescherung!! Findet der Weihnachtsbasar dann überhaupt statt? Womöglich für Kommissar Thorwart DIE Gelegenheit, unauffällig zu ermitteln.

  2. Ob es der Gärtner war nach einer heißen Schlacht am LKW-Buffet. Oli ist vielleicht mit den Bedürfnissen anderer Hungerleidenden immer etwas zu sorglos umgegangen. Schuhgröße 48 lässt doch wohl einige Rückschlüsse zu!

  3. mir wird es unheimlich als Kollegin, aber ich will zur schnellstmöglichen Aufklärung beitragen. Etwas ist mir nämlich aufgefallen, aus unserer naturwissenschafltichen Sammlung fehlt seit ein paar Tagen eine Schachtel mit Rasierklingen, die wir für mikroskopische Untersuchungen benötigen. Die Packung war neu und enthielt genau 50 Klingen……oh, es wäre schrecklich, wenn sich herausstellte, dass genau diese Klingen verwendet wurden…

  4. Ob es eine Hasstat eines Schülers war, was Frau Ebinger derart verneint hat? Mathelehrer sind von vielen gehasst und wenn man dazu noch Sport gibt, tritt man den ganzen Geeks auf den Schlips. Das wird nicht einfach für unseren geliebten Kommissar 😉

  5. Ich glaube das es der Kommissar selber war!Da er Komissar ist ahnt das niemand! Er kommt immer zu spät und hat am Anfang versucht vom Mord abzulenken!

  6. „Es gibt Dinge, die den meisten Menschen unglaublich erscheinen, die nicht Mathematik studiert haben.“ (Archimedes)
    Aber Mathematik ist am Staufergymnasium unglaublich gesundheitsgefährdend geworden!

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