Authentisch bleiben heißt die Devise – Kraftklub veröffentlichen „Kein Liebeslied“

Wer auf dem Southside oder St. Gallen Open Air war, hat’s vielleicht bemerkt – Kraftklub, die fünf Jungs aus Chemnitz, sind dieses Jahr auf jedem namhaften Festival zu finden.
Das ist ganz nach dem Geschmack von Felix (Rap), Karl (Gitarre/Gesang), Till (Bass), Steffen (Gitarre) und Max (Drummer), denn „am bockesten“ haben sie, wenn sie spielen können. Einer der Gründe, warum sie von März 2011 bis Januar 2012 brauchten, um ihr erstes Album „Mit K“ zu veröffentlichen. Dafür schoss dieses dann gleich in der ersten Woche auf den ersten Platz der Albumcharts.
Bekannt waren die Indie-Rapper oder Randie-Popper, wie sie sich selbstironisch nennen, schon vorher. Schließlich waren sie bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest 2011 mit ihrem Song „Ich will nicht nach Berlin“ auf dem fünften Platz gelandet. Dabei haben sie gar nichts gegen Berlin, wie die Bandmitglieder immer wieder beteuern müssen. Bestätigt wird diese Aussage durch mehrere Videodrehs, die in der Hauptstadt stattgefunden haben.
Noch erfolgreicher als der Anti-Berlin Song sollte jedoch ihre nächste Scheibe werden. Der Ohrwurm „Songs für Liam“ (gemeint ist Liam Gallagher, Ex-Mitglied der englischen Kultband Oasis) eroberte schon im Monat, bevor es überhaupt in den Plattenläden erhältlich war, allein aufgrund der Download-Verkäufe die Charts.
Mit Virtuosität und ausgefeilten Gitarrenriffs hält sich die Band erst gar nicht lange auf.
Poppig-punkig wirken die Rhythmen und erinnern eigentlich eher an Frittenbude und Egotronic als an Tocotronic und Die Atzen, zwischen denen sich die Band selber sieht. Die Message des Texte ist irgendwo dazwischen anzusiedeln. Kraftklub ist keine reine Spaßband und sie schreiben auch keine rein politischen Texte. „Politik ist fürn Arsch“ so Felix. Frech, ironisch und auf den Punkt sind ihre Texte, die hauptsächlich von ihren eigenen Erlebnissen und ihrem Chemnitzer Freundeskreis handeln. Auch der neue Ruhm wurde in Songform verarbeitet, kombiniert mit dem Versprechen, nicht abzuheben „Jetzt sind wir Kommerz/Dank Medienpräsenz./Uns schlottern die Knie/Und wir reden mit den Fans.“ („Eure Mädchen“). Meistens geht es doch um Themen, die jedem von uns am Herzen liegen, z. B. der Wunsch nach Rebellion, dem heute kaum noch nachzukommen ist („Zu jung“) oder wie bemüht und angeberisch das Leben in einer Großstadt sein kann (das eigentliche Thema von „Ich will nicht nach Berlin“).
Die Texte strotzen vor Popreferenzen auf musikalische Ereignisse und Vorbilder, natürlich aber immer brav übersetzt ins Deutsche so wie „der Wind der Veränderung“ („Zu jung“), Ausdruck der Abneigung gegen das ewige Denglisch, das man heute nicht nur in anderen deutschen Raptexten vermehrt findet.
Auch in ihrem Kleidungsstil heben sie sich von anderen deutschen Bands ab. Jeans, weiße Polo-Shirts, rote Hosenträger und schwarz-weiße Baseball-Jacken sind sozusagen ihre Berufskleidung. Diese wird aber nur für offizielle Auftritte der Band angelegt, „für den Job“. Sonst sind die Jungs Jeans-, T-Shirt-, Parka-Träger mit denselben Sorgen und Nöten wie wir alle.

„Kein Liebeslied“-Cover (© Universal Music)

„Dass ich dich mag heißt nur, dass ich nicht weiß, wie man das anders sagt./Ich bin nicht besonders gut in sowas, ich kann das nicht.“ heißt es in ihrem neuesten Song „Kein Liebeslied“. Beschrieben wird darin die Schwierigkeit, seine Gefühle auszudrücken, gar ein Liebeslied zu schreiben. Keine Worte scheinen gut genug, vor allem im Vergleich mit Texten der Musik-Ikone Morrissey. Am Ende kommt dabei doch ein Liebeslied heraus.
Aber so etwas romantisch verklärtes kann Kraftklub natürlich nicht ohne Ironie veröffentlichen und hat daher ein derartig brutales Video zu dem Song produziert, dass VIVA sich weigert es auszustrahlen.
Aber auch so kommt man in der modernen Pop-Landschaft an Kraftklub nicht mehr vorbei und wir sind uns sicher, dass die Scheibe ebenso ein Erfolg wird, wie alles andere, das die Jungs in den letzten anderthalb Jahren angepackt haben.

„Kein Liebeslied“ erscheint am 6. Juli 2012 bei Universal Music.

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(© Artikelbild: Philipp Weiser)

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