Jetzt ist er da, mein letzter Monat, die Zeit, vor der ich mich mit am meisten gefürchtet habe. Abschiedsschmerz, Vorfreude auf zuhause, Gewissensbisse, Angst– alles mischt sich zu einem großen Gefühlschaos in meinem Bauch und  Gedankenknoten in meinem Kopf…bevor ich aber wieder nach Deutschland komme, erhaltet ihr noch einen Bericht über meine letzten Monate und meine „Safari“. Safari ist nämlich Kiswahili und bedeutet „Reise“, „kusafiri“ reisen.

Safari nach Sambia

Safari 1Ende April ging meine lang ersehnte, aber spontan geplante Reise nach Sambia los. Der Vorteilan spontanen Reisen? Man kann einfach nach Lust und Laune seinem Abenteuerdrang nachgehen. Der Nachteil? Sie sind eben spontan und meist etwas ungeplant. Das sollten meine Mitfreiwillige Doro und ich dann auch gleich zu Beg inn unserer Fahrt merken. Kaum am Busbahnhof angekommen, kam uns ein Straßenhändler e ntgegen, um uns ein „Yellow Book“ anzudrehen. „Gelbes Buch, was will der der denn von uns?“ dachte ich mir. Zehn Minuten später im Bus sitzend viel dann der Groschen. Gelbes Buch=Impfpass. Tja, uppss, da war die Reise dann doch zu spontan, um auch noch an den Impfpass zu denken, den man auf jeden Fall zum Nachweis der Gelbfieberimpfung braucht, wenn man wieder nach Tansania einreisen will.
Aber da war es auch schon zu spät, wir saßen im Bus und zuhause, wo unser Impfpass sicher verstaut im Schrank lag, ging niemand ans Handy. Aber wenn ich eins von den Tansaniern gelernt habe, dann: Irgendwie kommt man immer ans Ziel. So hat sich der Yellow-Book-Straßenhändler als Retter in der Not erwiesen und wir konnten für 15euro gefälschte Impfpässe vom Schwarzmarkt ergattern!

Der optimale Start für so eine große Reise stelle ich mir zwar anders vor, aber die Angst vor der Impfpasskontrolle konnte ich ja auf Ende meines Aufenthaltes verschieben. So ging es endlich los und nach 2.117km und 48h im vollgestopften
Reisebus erreichten wir unser Ziel, die Hauptstadt Lusaka. Dort wurden wir von den dort lebenden Schwestern abgeholt. Mit ihnen verbrachten wir vier Tage, in welchen wir die dortigen Frauengruppen besuchen konnten. Es war eine richtig tolle Zeit, vor allem weil ich noch nie erlebt habe, dass sich irgendwelche Schwestern so über uns freuen. Sie haben sich total lieb um uns gekümmert, uns unser Lieblngsessen gekocht und mit den jüngeren Schwestern saß ich abends auf dem Bett und hab getratscht wie mit ganz normalen Freundinnen.
Danach ging es weiter nach Livingston, von wo aus wir uns auf den Weg zu den Victoriafällen machten. Es war atemberauben: Rauschende Wassermassen, ursprüngliche Natur, üppige Vegetation – ein gewaltiges Naturschauspiel. Auf einer Breite von 1700m fällt das Wasser 110m in die Tiefe, und wir waren mittendrin. Als wir direkt aufder Brücke vor den Falls standen, wurden wir bis auf die Unterhose nass. (Gegen die Eimerdusch war das mal eine willkommene  Abwechslung). Aufgrund des Sprühnebels konnten wir aber leider nicht die gesamte Breite der Victoriafälle sehen, aber das ohrenbetäubende Rauschen ließ sie erahnen. Dank diesem Sprühnebel gibt es in unmittelbarer Umgebung zu den Fällen einen kleinen Regenwald, der in totalem Kontrast zu der keine 20 Schritte weiter liegenden trockenen Landschaft steht. Es war wunderschön, durch diesen Regenwald zum Fuß der Fälle zu wandern. Ab und zu kamen uns zwar mal Touristen entgegen, aber überraschenderweise bei weitem nicht die Menge n, die ich erwartet habe. Die nächsten paar Tage verbrachten wir in Livingston, danach gin g es noch eine Nacht zu andern Freiwilligen, eine Nacht zu den Schwestern und wieder nach Hause.

An der Grenze war ich natürlich total aufgeregt, aber glücklicherweise wurden wir nicht nach unseren Impfpässen gefragt. Heilfroh saß ich danach im Bus…aber dieses Gefühl sollte nicht lange dauern. Ein paar Stunden später wurde unser Bus von einem Polizisten auf Visum, Ausweis und Impfpass kontrolliert. Als er dann uns erreichte, war er so erstaunt, Weiße zu sehen (und wir haben ihn dann auch über alles Mögliche vollgeschwätzt), dass er vergessen hat, uns zu kontrollieren. Wir hatten richtig, richtig, saumäßig Glück! Safari II
Zwei Dinge sind mir ganz besonders von dieser Reise in Erinnerung geblieben: Dass es indische Schwestern gibt, die super lieb waren (zum Abschied meinte eine zu mir: Du wirst in meinem Herzen bleiben) und wie unterschiedliche Afrika ist. Oft sprechen wir von Afrika als einem Land, die Afrikaner als eine Nation. Vor allem Medien tragen dazu bei, dass dieses Bild, viele Vorurteile und Unwissenheit in unseren Köpfen herumschwirrt. Doch alleine auf dieser Reise nach Sambia konnte ich entdecken, wieabwechslunsreich und vielseitig Afrika ist. In Tansania sprechen alle Menschen Kiswahili, in Sambia dagegen Englisch und weitere Stammessprachen. DA typische Wickeltuch „Kanga“ gibt es dort nicht, die Menschen tragen andere Frisuren, hören andere Musik. Vieles ist moderner, es gibt sogar in kleineren Städten Supermärkte und Straßenbeleuchtung. Natürlich kann man auch viele Gemeinsamkeiten entdecken, wie die Tierwelt und Nahrung, aber trotzdem ist jedes Land einzigartig, jeder Stamm anders (oft auch unabhängig von Ländern wie die Massai), und Afrika ein Puzzle aus unterschiedlichsten Völkern, Sprachen und Traditionen. In unseren Medien, in Urlaubs- und Safarimagazinen steht davon aber kaum etwas, meist überwiegt das „eine Afrika-Bild“. Während meiner Zeit hier habe ich mich schon oft gefragt, warum es so viele Vorurteile gegen diesen Kontinent gibt. Und warum wir die Menschen so oft pauschalisieren. Es ist war, dass in Deutschland vieles anders läuft, wenn ich ehrlich bin, aus meiner Sichtweise auch besser. Aber das ist ja kein Verdienst, für den wir uns auf die Schulter klopfen können. Kein Grund dafür, auf Länder, in welchen es anders läuft, herunterzuschauen. Vielmehr sollte es Grund sein, dafür zu kämpfen, dass diese Unterschiede kleiner werden. Und darüber nachzudenken, wie viel wir als Deutschland, als Europa, dazu beitragen, dass es diese Unterschiede gibt.

Besuch von Mama und Elina

Safari IIIEine Woche nach meiner ersten „Safari“ kamen Elina und Mama sehr erschöpft in meiner neuen Heimat an. Es war erstaunlich, mit welch andern Augen als ich sie das Land und die Menschen sehen. Der Schmutz, die Häuser, das Essen – für mich ist das alles mittlerweile normal, Alltag. Für die beiden aber erstmal ein großes Abenteuer. Die erste Nacht durften die beiden im Gästezimmer der Schwestern schlafen. Gleich am nächsten Tag ging es dann auch schon weiter. Nach
6 Stunden im Inlandsreisebus, die den beiden einen herrlichen Einblick in die Landschaft Tansanias brachten, erreichten wir unser Ziel: Mikumi. Meine tansanische Reisemethode: “Einfach in Bus rein und los” hat den beiden vorher ganz schön Kopfzerbrechen bereitet. Trotz eingiger Wenn und Aber wurde es letztenendes aber so gemacht und ich darf ganz bescheiden sagen: Es war ein voller Erfolg. Wir hatten ein kleines Hotel, über welches wir auch zu guten Preisen, die
weit unter den Preisen einer Reiseagentur liegen, unsere zwei Tagesausfluge gebucht haben. Tags darauf ging es dann los: Um 6 Uhr morgens rein in den Land Rover und ab zum Mikumi National Park, der Teil des riesigen Selous-Ökosystem und der viertgrößte Park Tansanias ist. Dort konnten wir unterschiedlichste Tiere hautnah erleben: Giraffen, Zebras, Löwen, Hippos, Gnus, Appallas, Warzenschweine, Steppen-Paviana – direkt vor unserem Auto. Von
uns haben sie sich kein bisschen aus der Ruhe bringen lassen. Vielmehr hatten wir oft das Gefühl, als würden sie extra nur für unsere Kameras posieren ☺. Manchmalkonnten wir einzelne Tiere betrachten, oft aber auch ganze Herden und vermischte Tiergruppen. Wir kamen alle aus dem Staunen gar nicht mehr raus.

Herrlich war auch, dass wir den ganzen Tag im Nationalpark nur einem anderen Fahrzeug begegnet sind. So konnten wir alles in Ruhe genieße n, die Landschaft und die Tiere auf uns wirken lassen, ohne irgendwelchen Massentourismus,wie es oft im Norden Tansanias üblich ist. Safari IV
Den nächsten Tag verbrachten wir im Nationalpark Udzungwa Mountains, wirklich ein kleines Stücken Paradies. Dort gibts es nicht nur zahlreiche einzigartige Pflanzen, sondern auch eine unglaubliche Primatendichte von zehn Arten (mehr als in jedem anderen Nationalpark Tansanias). Einen von den Primaten, die es sonst nirgends auf der Welt gibt, haben wir sogar dank den guten Augen unseres Guides zu sehen bekommen. Das Vergnügen war aber auch ziemlich anstrengend. Über steile, schlammige und oft von Pflanzen überwucherte Pfade ging es zum höchsten Wasserfall Tansanias (der im Vergleich zu den Victoriafällen ein kleines Rinnsal war). Einzige Möglichkeit wie Mama und ich es nach oben geschaffthaben, war, immer wieder an den ausgeschilderten seltenen Bäumen und Büschen stehen zu bleiben und während wir den Erklärungen unseres Guides lauschten (meistens entweder: “Diese Blätter hier sind ein natürliches Potenzmittel” oder “ Der Baum ist Naturmedizin, wofür ist aber unbekannt”), versuchen, wieder Luft zu bekommen. Doch das herrliche Waldgebiet, eines der wenigen Regionen Afrikas, wo sich ein derat geschlossener Regenwald erhalten konnte, mit seinem großen Artenreichtum an Pflanzen und Tieren, belohn te uns für unsere Mühen. Oben angekommen erwartete uns dann ein Ausblick, der mir den Atem verschlug: So weit das Auge reichte Zuckerrohrplantagen, Maisfelder und Palmen und unter uns das Rauschen des Wasserfalles…in diesem Moment habe ich mich noch um so mehr in dieses Land verliebt. Danach ging es wieder zurück, und Mama und Elina verbrachten die nächsten Tage im Projekt. So konnten sie beide hautnah die Kommunikationsprobleme mit den Schwestern miterleben, die uns ziemlich zum Lachen gebracht haben. Ein Tag lang war Schmuckwerkstatt mit den Kiddis angesagt: Halsketten, Armbänder
und Ohrringe machen, was trotz Sprachbarriere ziemlich gut geklappt hat. Daneben besuchten wir noch einen Stoffmarkt und einen Holzschnitzermarkt hier in Dar, sowie ein Museum. Am letzten Abend gab es dann zum Abschied ein
richtig gutes Essen: Chipsi (Pommes), Würstchen und Soda, worauf die Kinder sich sofor gestürzt haben. Dabei haben wir den Kiddis neue Schulrucksäcke überreicht, die ich mit Hilfe eurer Spendengelder kaufen konnte. Sie waren alle überglücklich und stolz, end lich mal was richtig Schönes und Neues zu besitzen. Außerdem sind sie sehr bequem zu tragen und erleichtern den nicht allzu kurzen Schulweg.

Die letzten Tage hieß es dann: Auf nach Sansibar. Ob Bummeln durch die arabisch und indisch geprägte Altstadt Stone Town, auf den Spuren der einstigen Sultane im Palastmuseum oder beim Einblick in die nicht so ferne und grausame
Vergangenheit des Sklavenmarktes – Egal wie oft ich schon in Stone Town war, ich bin immer wieder aufs Neue gefesselt. Daneben machten wir noch einen Ausflug zu den Riesenschildkröten, schnorchelten (sogar Mama) im kristallklaren Wasser durch bunte Fischschwärme, fühlten uns wie im Dschungelcamp auf einer Spice Tour und genossen den paradiesischen Strand.

Endspurt

Safari VIMeine letzten Wochen im Projekt sind etwas hektisch. Ich bin öfters nach Kariakoo, einem rieseigen Marktviertel, wo man wirklich alles kaufen kann (von Stoff über Motorräder und Schreibwaren bis hin zu Handykabel und Bodylotion) um die letzten Mitbringsel oder etwas für die Schwestern zu besorgen. Im Projekt standen verschiedene Aktionen auf dem Plan: Schmuck- und Grußkartengestalten im Center, Malwettbewerb im Kinderparlament und den Home-Kiddi seinen indischen Tanz beibringen. Vor allem die Grußkarten erwiesen sich dabei als schwierig. Von einer Schwester haben wir in Auftrag bekommen, um die 50 Karten anlässlich einer Ausstellung herzustellen. Nachdem Materialien besorgt waren, ging es los. Doch für die Mädels, die zwar alle schon etwas älter sind (zwischen 14 und 19) war es total schwer: Obwohl es Vorlagen gab, konnten sie keine richtigen Formen ausschneiden und aufkleben. Der Grund ist einfach: Während wir schon im Kindergarten basteln und unsere Kreativität austoben, hat hier kaum je ein Kind Schere und Kleber in der Hand. Hier gibt keine Zeit, keinen Platz und kein Geld für so einen Luxus. Dementsprechend war es nicht einfach, die Karten herzustellen, aber trotzdem hat es allen Spaß gemacht. Ansonsten versuche ich die letzten Wochen, Tage zu genießen, vor allem das, was ich in Deutschland nicht mehr haben werde: Das Essen der Straßenhändler (Zuckerrohr, gegrillter Maniok eine Wurzel, die total lecker schmeckt, Süßkartoffeln, Mais), das Zusammensein mit den Kiddis und der so gemütliche tansanische Alltag. Es steht Abschied vom Staff, von den Kindern und den Schwester auf dem Programm. Dann geht es noch eine Woche in den Norden Tansanias, unter anderem zum Kilimanjaro, ein paar Tage zu meiner Freundin nach Kenia, und dann, auch wenn es für mich total unreal klingt, zurück nach Deutschland.
Also ihr Lieben, macht’s gut,
tutaonana, wir sehen uns!
Maleen

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