eSports – Eine richtige Sportart?
Die Stellung und das Ansehen von eSport ist von Land zu Land extrem unterschiedlich. Beginnen wir jedoch mit den positiven Entwicklungen: Die bereits mehrfach erwähnten Chinesen haben schon im Jahre 2003 eSports als vollständige Sportart anerkannt. In Korea erlebte die neue Sportart ebenfalls in den früer 2000ern ihren Aufschwung. Bald folgten auch Russland und die skandinavischen Länder. In Schweden ist das Computerspielen die zweitbeliebteste Sportart.
Kein Wunder, dass diese Länder die erfolgreichsten eSports-Teams der Welt haben. Neben den chinesischen Top-Teams ist auch das schwedische Nationalteam „Alliance“ äußerst erfolgreich. Sie gewannen beispielsweise das Dota2-International-Turnier von 2013 und sahnten 2,8 Millionen Euro Preisgeld ab. Ebenfalls unter den ersten europäischen Ländern, die die neue Sportart anerkannten, war Bulgarien, aber leider kann das Land keine nennenswerten Teams aufweisen. Darüber hinaus schlossen sich bald dem Trend auch die USA und Holland an. Zwischenzeitlich gilt Gaming in über 60 Ländern als Sportart.
Die Spieler erfahren jede Menge Unterstützung von den Sponsoren und auch von den jeweiligen Landesregierungen. Sie wohnen in speziellen Häusern, in denen sie sich voll aufs Training konzentrieren können. Für Essen wird von Köchen gesorgt, ein Manager kümmert sich um die Kooridinierung der Turnierteilnahmen. Manche Teams haben neben dem Teamkapitän auch noch einen sechsten Mann: den Trainer.

Und einen ziemlich krassen Einblick in die Ernsthaftigkeit des eSports gab in einem Interview Wen Yi Tang, der Trainer der chinesischen Dota2-Nationalmannschaft „eHome“ von 2011 im Zuge des Dokumentationsfilms „Free to Play“: „Wenn eHome irgendwo auftritt, dann ist das so, als betrete der König den Raum. Alle rufen ‚eHome‘! Weißt du, wie atemberaubend das ist? […] Wenn wir bei einer Meisterschaft teilnehmen, dann schärfe ich [dem Team] ein, dass wir nur für den ersten Platz gekommen sind. Jeden Tag erzähle ich ihnen, dass wir das hier schaffen müsen. Wir müssen gewinnen. Es ist unsere Tradition, dass wir nichts anderes als die Siegertrophäe mit nach Hause nehmen. Alles andere würde am Flughafen weggeworfen werden.“
An anderen Stellen der Reportage hatten wir bereits erwähnt, dass die eSportler in ihren Heimatländern wie Super-, ach Quatsch, wie MEGAstars verehrt werden. Die Fangemeinde ist dort ist so gewaltig; sie ist so groß wie die komplette westliche Fangemeinde. Für viele koreanische Mädchen gibt es nichts Schöneres, als wenn der eigene Freund Starcraft oder Dota2 spielt. Wer zocken kann, ist cool. Die Profi-Spieler treten im Fernsehen auf, geben Interviews, halten Autogrammstunden und sind ständig in den Nachrichten. Reisen westliche Profispieler wegen eines Turnieres in diese Länder, sind sie zunächst mit einer riesigen Portion Starrummel konfrontiert, drehen Werbung für Softdrinks, für Hardware und natürlich Spots für die Turniere. Sie werden verehrt, sind Ikonen und Idole.
Für uns Deutsche mag das zuweilen komisch anmuten, was daran liegt, dass der eSports bei uns in unseren Köpfen und gesellschaftlich einfach noch nicht so verankert ist wie in den asiatischen Ländern. Aber folgendes Beispiel wird den Stellenwert in Korea verdeutlichen: Als die koreanische Fußballmannschaft an der vorletzten WM teilnahm, wurde vor dem ersten Spiel die koreanische Starcraft2-Mannschaft eingeflogen und in die Umkleidekabine eingeladen, damit die Fußballspieler vorher noch ihre Nationalhelden treffen konnten.

Warum ist das in Deutschland nicht so?
Die Gründe für die Nichanerkennung von eSports hier in Deutschland sind vielschichtig und teilweise sogar widersprüchlich. Wir sind zwar eines der modernsten Länder der Welt, aber insgesamt haben die Deutschen im Vergleich zu den Südkoreanern Angst vor Technik. Wir sind zu misstrauisch, konservativ und nicht offen für Neues. Altbewährtes und Bekanntes ist uns lieber. Lieber einen gescheiten Beruf erlernen als eSportler werden. Das ist zur Zeit auch die bessere Wahl, weil die eSportler noch zu wenig Unterstützung bekommen, weil das ja irgendwie doch kein richtiger Sport ist, oder? Ein Teufelskreis.
Hinzu kommt die häufige negative, weil oberflächliche – und teilweise gravierend falsche – Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten hinzu. Das Wissen eines durchschnittlichen ZDF-Zuschauers über Computerspiele beschränkt sich auf den Fakt, dass Counterstrike Jugendliche zu Massenmördern macht. Und alle Computerspiele sind eh wie Counterstrike. Pure Gewaltverherrlichung. Das ist ungefähr genauso unlogisch, als ob man sagt, bei der Formel Eins geht es nur darum, möglichst viel Benzin zu verbrennen, um der Umwelt zu schaden.
Solange sich diese Geisteshaltung bei der Gesellschaft nicht ändert, wird diese moderne, neue, junge Sportart nicht richtig aus den Startlöchern kommen. Eine weitere Hürde ist der Deutsche Olympische Sportbund. Natürlich geht es nicht darum eSport als eine olympische Disziplin, sondern erstmal nur als eigenständige Sportart anzuerkennen. Doch der Verband stellt sich quer. Der letzte Versuch im Jahre 2011 scheiterte mit der Bgründung, Sport wird mit einer körperlichen Leistung verbunden, was beim Computerspielen nicht der Fall ist. Aus demselben Grund wird auch am Bundesinstitut für Sportwissenschaft blockiert. Zwar versuchten es die eSportler mit einem Vergleich mit Schach, also über die Denksportschine, jedoch habe Schach wohl einen „historisch einmaligen Sonderstatus“ und es wird also erstmal nichts aus der Anerkennung des eSports in Deutschland.
Wie peinlich.
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