– von Sidney Thelen –
Wird ein Zeitalter kommen, in welchem die Menschheit alles weiß und das Universum komplett verstanden hat? Eine, auf ersten Blick, extrem absurde Frage. Doch denkt man über diese etwas intensiver nach, so wirkt sie nicht mehr absurd. Wir leben schließlich in einer der Interessantesten und Fortschrittreichsten Zeiten unserer Geschichte. Die Menschheit hat in den letzten 100 Jahren einen größeren Fortschritt hinter sich gelegt, als in letzten zweihunderttausend Jahren davor.
Zur Veranschaulichung:
*Vor 200.000 Jahren sind wir Menschen noch mit Tierfellen und Speeren bewaffnet durch die Welt gestreift und haben gesammelt und gejagt
*Vor knappen 10.000 Jahren sind wir sesshaft geworden, Seit knappen 5k Jahren verwenden wir Schriftzeichen zur Kommunikation
*Und vor gerade einmal 2500 Jahren entstand im antiken Griechenland der Vorläufer zu unserer heutigen Demokratie.
Doch was passierte in den letzten 100 Jahren?
Wir haben gelernt, riesige Metallvögel zu bauen, mit denen wir uns in der Luft zu den unterschiedlichsten Orten der Welt begeben können,
es müssen nicht mehr 90% der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten, um Essen auf zutreiben, sondern Arbeiten in riesigen Gebäuden, vor kleinen Kästen mit Mikrochips, die mit der ganzen Welt verbunden sind. Jeder zweite Deutsche fährt ein motorisiertes Fortbewegungsmittel. Und das sehr oft auf extrem langen, betonierten und teilweise meterhoch in der Luft stehenden Straßen. Um uns mit ihnen orientieren zu können, müssen wir uns nicht mehr auf die gedruckte Karte im Handschuhfach verlassen, sondern lassen uns von einem kleinen elektronischen Gerät namens GPS sagen, wo es lang geht. Das funktioniert durch Satelliten im All, die unsere Position bis auf wenige Meter exakt bestimmen und uns dann die Route zu unserem Ziel nennen und beschreiben können. Es gibt auch noch soviel mehr in unserem alltäglichen Leben, was vor 100-200 Jahren als pure Hexerei, Magie und Ketzerei gewesen wäre.
Der Stand-Up-Comedian Louis C.K. sagte passender Weise: „Wir sind wie griechische Götter“, doch was ist der Grund dafür? Ganz einfach: Exponentieller Fortschritt! Die Tatsache, dass umso mehr wir wissen, uns desto schneller neues Wissen aneignen können. Diese Tatsache bringt einen Lawinen-, beziehungsweise einen Dominoeffekt mit sich, welchen wir heute erleben.Doch wieso ist eben diese Zeit so interessant? In 200 Jahren werde die Menschen doch viel größeren Fortschritt erleben, als wir in unserer heutigen Zeit uns Situation.
So zumindest logisch und statistisch gesehen. Doch stimmt das? Wird diese Kurve wirklich immer weiter und steiler werden? Und noch wichtiger: wird es ein Ende dieser Kurve geben? Was würde das bedeuten? Wird es einen Punkt in unserer Geschichte gebe, an welchem wir alles wissen, alles erforscht und vor allem alles verstanden haben? Würde, oder gar WIRD es einen Endzustand geben? Und noch viel interessanter: Was, wenn die Menschheit nur glaubt, dass sie am Ende ihrer Forschung ist und dann nicht weitergeforscht wird? Denn so ähnliche Situationen gab es bereits in der Menschheitsgeschichte, welche uns mit nur NOCH größerer Spannung auf unseren momentanen Wissenstand blicken lassen. „In der Physik gibt es jetzt nichts neues mehr zu entdecken. Alles, was noch bleibt, sind immer präzisere Messungen.“ William Thompson, Physiker, auch bekannt als Lord Celvin, im Jahr 1900. Also nur 15 Jahre, bevor Albert Einstein die allgemeine Relativitätstheorie veröffentlichte und somit alles im Bereich Physik auf den Kopf stellte. „Man könnte annehmen, das es mit der kombinierten und kontinuierlichen Arbeit von Mathematikern und Mechanikern in einer Millionen bis zehn Millionen Jahren möglich sein wird, eine Flugmaschine zu bauen, die wirklich fliegen kann.“ New York Times, Oktober 1903. Nur zwei Monate, bevor Orvill Wright der erste erfolgreiche bemannte Flug gelang. Doch auch nachdem Flugzeuge kommerzialisiert und im Krieg eingesetzt wurden, lagen Ingenieure und Andere mit ihren Vermutungen und Thesen völlig falsch. So etwa ein Boeing Ingenieur im Jahr 1933, nach der Einführung der Boeing 247: „Es wird niemals ein größeres Flugzeug als dieses gebaut werden.“ Die Boeing 247 hatte nur zwei Maschinen und konnte gerade einmal zehn Menschen tragen, beziehungsweise transportieren. Ein sehr extremes Beispiel dafür, ist das Zitat von Lee de Forest, dem Pionier des Radios und Erfinder der Vakuumröhre, im Jahr 1957: „Einen Menschen in eine Rakete zu setzen, ihn in eine Umlaufbahn um den Mond zu schießen, von wo aus man dann wissenschaftliche Beobachtungen machen kann […] Ich bin mutig genug zu sagen, dass es so eine Reise niemals niemals geben wird, ungeachtet zukünftiger Fortschritte.“ Das sagte er, nur zwei Jahre bevor das erste menschen-gemachte Objekt, Lunik 2, beziehungsweise Luna 2, auf dem Mond landete und nur zwölf Jahre bevor die ersten Menschen auf dem Mond entlang liefen. So lernt man daraus eine Sache, und zwar diese, dass wir mit unseren Aussagen lieber sehr zurückhaltend sein sollten.
Doch zurück zu der eigentlichen Frage: Wird es ein Ende der Forschung und Wissenschaft geben? Eine Antwort darauf zu finden ist schwierig, da wir nicht wissen, WAS wir in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten noch entdecken werden und wie sich unsere Zukunft entwickeln wird. Eine besonders verbreitete Meinung auf diesem Gebiet ist, dass ein Ende der Wissenschaft und des Fortschrittes in der Absoluten niemals erreicht werden kann, da sich mit jedem gelösten Problem ein weiteres auftut, sich mit jeder beantworteten Frage eine weitere stellt und es immer Fragen gibt, welche man nie beantworten kann. Einige der bekanntesten Fragen dieser Kategorie sind beispielsweise, was nach dem Tod kommt; was vor dem Universum existierte; wie es möglich war, dass wir uns aus kleinstem Leben entwickelt haben; wie die Quantenverschränkung funktioniert und noch vieles mehr. Jedoch gibt es genauso die Verfechter der Theorie, dass es schließlich nur logisch ist, dass wir irgendwann auch Methoden finden, diese Fragen zu beantworten. Denn umso mehr wir wissen, desto schneller wissen wir mehr. Zu diesem Thema gibt es in unserer momentanen Situation kein endgültiges Fazit, da es uns nicht möglich ist, in die Zukunft zu sehen und vorauszuahnen, welche Fortschritte wir noch machen werden und welche nicht. Als Fazit könnte man sagen, dass nur die Zukunft eine Antwort darauf bringen wird…