Kaum ein anderes Land wurde in der Vergangenheit so oft mit Katastrophen wie Erdbeben und Tsunamis wie mit Kriegen und nuklearen Bedrohungen überzogen wie Japan. Die Redewendung „Sho ga nai“, was soviel heißt wie „Das Schicksal will es so, wir können es nicht ändern“, hat daher eine sehr tiefe Bedeutung für die Japaner.
Gerade weil das Land schon sehr viel einstecken musste, entstanden Anfang des 20.Jahrhunderts die meisten unheimlichen Sagen und Mythen. Die Japaner versuchten mit diesen Legenden übernatürliche Wesen für das Glück oder Unglück des Landes verantwortlich zu machen.

Ich werde mich jetzt den Mythen widmen, die das Unglück repräsentieren sollen und denen, die zur Realität wurden wie beispielsweise der 1927 zum Naturdenkmal ernannte Aokigahara-Wald, besser bekannt als der Selbstmord-Wald. Seit der berühmteste Autor Japans 1960 in seinem Roman „Nami no tō“ eine Protagonistin in diesem Wald hat Suizid begehen lassen ,zieht dieser Ort viele Suizidgefährdete an. Die vielen Legenden um den Wald locken außerdem Touristen an, die wunderschöne Landschaft um den nahen Vulkan Fuji lockt wiederum Wanderer an. Unter den Japanern wurde der Wald auch „Sea of Trees“ genannt – ein Meer in dem man zwar nicht ertrinkt, aber dennoch unwiederbringlich verloren gehen kann, falls man den Pfad aus den Augen verliert. Da der Wald so dicht bewachsen ist und es viele Höhlen und Hügel gibt, wird der Wald vielen Wanderern oder neugierigen Touristen zwangsläufig zum Verhängnis. Zwar durchkämmen seit 1971 jährlich die Polizei und die Feuerwehr den Wald, um nach den Toten zu suchen, doch wissen sie, dass sie nie alle Leichen finden können.
Eine weitere unheimliche Sache ist Inunaki, das unauffindbare Dorf, angeblich nahe des Inunaki-Dammes. Ihm sind viele schaurige Geschichten gewidmet. Am Eingang des Dorfes soll ein Schild aufgestellt sein, auf dem stehen soll, dass die Gesetze Japans hier nicht gelten. Mord, Kannibalismus und Folter sollen für die Dorfbewohner angeblich nichts Besonderes sein. Weitere Geschichten besagen, dass in unmittelbarer Nähe des Dorfes Mobiltelefone und allgemein Strom nicht funktionieren sollen. Es stünden zwar Telefonzellen im Dorf, jedoch könne man von diesen aus niemanden erreichen. Viele Abenteuerlustige haben den unheimlichen Weg zum Inunaki-Dorf gewagt. Berichte gibt es aber kaum, denn keine der Personen soll wiedergekommen sein. Trotzdem wird behauptet, dass man beim Betreten des Dorfes blanken Wahnsinn ausgesetzt ist. Ob dieses Dorf nun wirklich existiert oder nicht, wird wahrscheinlich für immer ein ungeklärtes Mysterium bleiben. Da diese Legende aus der Nachkriegszeit in Japan stammt, liegt es sehr Nahe, dass dies eine der Geschichten ist, die die schrecklichen Erlebnisse der Dorfbewohner widerspiegeln sollen, um die erlebten Grausamkeiten zu verarbeiten. Aufgrund der Nahrungsmittelknappheit in vielen Dörfern im Krieg kam es oftmals zu Kannibalismus.

Die beiden bekanntesten Horror-Legenden Japans sind die von Yuki- und Kuchisake-Onna.
Die harmlosere der beiden Legenden ist die von Yuki-Onna. Sie wird auch die Schneefrau genannt. Sie ist eine zierliche und große Frau bekleidet mit einem weißen Kimono. Sie schwebt über dem Schnee, ohne Abdrücke zu hinterlassen. Wenn sie in Gefahr gerät, kann sie sich in eine Schnee- oder Nebelwolke verwandeln. Manchmal hilft sie den Wanderern, die sich in den Bergen im Schnee verlaufen, manchmal führt sie diese absichtlich ins Verderben.
Kuchisake-Onna

Sie ist eine wunderschöne Frau, die eine Maske über dem unteren Teil ihres Gesichtes trägt. Unter der Maske verbirgt sich der Grund, warum sie auch „Breitmaul-Frau“ genannt wird. Ihr Mund ist durch Messerschnitte von einem Ohr zum anderen verstümmelt. Nachts lauert sie in den Straßen Tokyos Menschen auf. Sie zeigt ihnen ihr entstelltes Gesicht, wenn ihr Opfer ruhig bleibt und ihr sagt, dass sie trotzdem wunderschön ist, verschont Kuchisake-Onna ihr Opfer. Wenn ihr gegenüber flieht oder erschrickt, fügt sie ihm dasselbe Leid zu und tötet ihn anschließend. Das Motiv der Kuchisake-Onna findet man heute noch in unzähligen Mangas, Animes und Horror-Filmen wieder.
Die Phantasie scheint grade in den japanischen Legenden und Mythen keine Grenzen zu kennen. Von allen weltweiten Kulturen findet man nur in der japanischen so ungewöhnlich viele verschiedenen Arten von Legenden.
In diesem Sinne:
さようなら~
Sayōnara~